Schwarz-weiss Porträt der Schmuckdesignerin und Gold- und Silberschmiedin Annie Sibert in einem karierten Jacket.
Frankreich

Annie Sibert

Schon auf den ersten Blick eröffnen Annies Werke Welten. Ziehen sie zunächst durch ihre außergewöhnliche Optik an, wird sofort klar: hier steck noch ganz viel mehr dahinter.

Neben einer tiefen handwerklichen Auseinandersetzung mit ihren Materialien wie Eisen, Silber, Vermeil und Gold und deren vielfältigen Verarbeitungstechniken haben ihre Objekte immer einen doppelten oder dreifachen Boden – im wahrsten Sinne des Wortes oder durch eine ideenreiche, oft sogar poetische Mehrdeutigkeit. Sie sind nie nur Schmuck oder Skulptur, sondern verschieben alltägliche Wahrnehmungen in neue Bedeutungsräume. Ein scheinbar banales Objekt wie ein Haargummi wird für die Kollektion „Je Te Tiens“ (dt.: „Ich halte dich“) in Edelmetallen transformiert und verweist nicht nur auf seine Funktion im Haar, sondern auch auf die Alltagsbeobachtung, dass sich Haargummis fast genau sooft am Handgelenk oder an den Fingern ihrer Träger:innen befinden. Ein QR-Code aus Eisen und Silber wird zur Skulptur, die eine entnehmbare Brosche birgt und damit den Code zugleich zerstört und erweitert – denn wer ihn im Ganzen scannt, findet ein poetisches Videowerk, in dem Amboss- und Meißelgeräusche und Staubpartikel den Rhythmus der Bearbeitung sichtbar und hörbar machen. In solchen Momenten verbinden sich technische Präzision, konzeptuelle Tiefe und eine fast musikalische Resonanz miteinander.

Diese musikalische Ebene ist kein Zufall: Annie Sibert ist ausgebildete Violinistin, und das Denken in Resonanz, Vibration und Rhythmus zieht sich wie ein unsichtbarer Faden durch ihr Werk. Neben der solistischen Arbeit schöpft sie Inspiration aus Kooperationen, sei es im Austausch mit anderen Goldschmied:innen oder im Kollektiv CRIC, das in einer umgebauten Fuhrparkhalle in Straßburg eine eigene Kunstlandschaft mit Werkstätten und Ateliers für gegründet hat. Dort arbeitet sie mit rund fünfzig weiteren Kreativschaffenden in einem Umfeld, das Austausch und gegenseitige Inspiration begünstigt. Immer wieder sucht Annie auch die Begegnung mit Meister:innen ihres Fachs, nimmt an Kursen teil, reist nach Korea, um dort etwa Intarsientechniken für Eisen und Silber- und Golddraht zu erlernen.

Diese beständige Suche nach handwerklicher Präzision und kultureller Bedeutung ist, was sich bereits beim ersten Blick auf ihre Objekte erahnen lässt: sie sind keine eindimensionalen, dekorativen Schmuckstücke, sondern präzise gearbeitete Verdichtungen von Handwerk, Alltag, Symbolik und Poesie.

Ausstellungen

2025

Gentle Resonances, Siat Gallery, Seoul, KR

Women’s Jewellery, Contemporary Jewelry Museum, Cagnes-sur-mer, FR

2024

Women’s Jewellery, Jean-Yves Le Mignot, Château de Saumur, FR

2023

Elsa Vanier, L’art de la citation, Paris Jewellery Week, FR

Chut(es), Tartaix, Paris Jewellery Week, FR

Don’t Stop Me Now, Fougue Atelier, Paris Jewellery Week, FR

2022
A vos corps, Eleven Steen, Art Center, Bruxelles, BE

2021 

Bagues, Galerie Bettina Flament, Lille, FR

Boîte avec couvercle, Galerie Hectare, Bruxelles, BE

Contemporary Jewellery, Musée Bernard d’Agesci, Fabienne Texier, Niort, FR 

2020 

Point d’interrogations, Collectif Viv, Parcours Bijou, Paris, FR

Gallery Elsa Vanier, Ocean 2050, Parcours Bijou Paris, FR

Silver, Jablonec nad Nisou, PL

2019 

Yes Galeria, Silver exhibition, Poznań, PL

Conversations between craftsmen and designers, Hors Pistes, Mudac, Lausanne, CH

The Art Gallery, 28th Legnica International Jewellery Competition SILVER, Legnica, PL

A Contemporary Jewellery Odyssey #4, Arts & Crafts Museum, Itami, JP

Idiomatic, Jewellery Conversation, French Institute, Munich (Munich Jewellery Week), DE 

2018 

Odyssey #2, French Institute, Munich (Munich Jewellery Week), DE

A contemporary Jewelry Odyssey #3, Ooojh Gallery, Seoul, KR

2017 

Artist residency, Hong Jung-Sil, Ipsa technique, Seoul, KR

Accessoirement, Centre Culturel Coréen, Parcours Bijou, Paris, FR

A contemporary Jewelry Odyssey #1, Bettina Gallery, Parcours Bijou, Paris, FR 

Galerie Bettina, Resident, Paris, FR

Révélations, HEAR, Grand Palais, Paris, FR

Maison du bijou, Ce que pensent nos doigts, Le Cheylard, FR 

2016 

Pieces of exception, Dominicains church, Colmar, FR

Lalique museum, Residency exhibition, Craft day’s, Wingen-sur-Moder, FR

Lalique museum, Artist residency at Suzanne Lalique-Haviland school, partnership Lalique factory, Wingen-sur-Moder, FR

Baccarat, Five elements, Opus #4, Fire – Metal, FR 

2015 

Strong voices, Art Jewelry, Dedee Shattuck Gallery, Westport Ma, USA

Transmission, Gallery 411, Montpellier, FR
. Center for training in Important Intangible Cultural Heritage, Guil-Gem Metal Arts Research, Seoul, KR 

D’days, Hors Pistes, Arts Décoratifs Museum, Paris, FR

Argent/Arsenic, HEAR, Silver mine Gabes Gottes, Ste Marie aux Mines, FR

Residency, Ipsajang technique, Madam Jung Sil Hong, Seoul, KR

Jeux de mots, Gallery Collection, Ateliers d’Art de France, Paris, FR

Noir comme Basalte, Jean-Yves Le Mignot, Cap d’Agde, FR 

2014 

OZ, Charles de Foucauld Residency, Frémaa, Strasbourg, FR

St’art, Contemporary Fair, Pétrole Edition, Strasbourg, FR

Residency, Hors Pistes, Burkina Faso

Hyères 2014, with “Nouvelle Affaire” Gallery of Paris, Villa Noailles, Hyères, FR 

Bijoux celtes, Espace St-Martin, Hagenau, FR 

2013 

Historic Museum of Hagenau, Hagenau, FR

Next Stop Jupiter, Viaduc des Arts, Paris, FR 

Parade(s), Palais Royal, Paris, FR 

Dans la ligne de mire, Arts Décoratifs Museum, Paris, FR

Cominelli Found. Award, Cisano di San Felice del Benaco, IT

C&M&J&N&Y&A&C chez V&V, at the Gallery V&V, Vienna, AU

Maison&Objet, Craft space, Winners stand 2012, Ateliers d’Art de France, Paris, FR 

2012 

Heim, Cour Boecklin, Bischheim, FR

La Zone, Tour Seegmuller, Arcade collective, Strasbourg, FR

Young creators 2012, Talents Shop, Ateliers d’Art de France, Paris, FR 

Parures Permanentes, solo show, Annie Sibert at Avila, Strasbourg, FR 

2011 

Jewellery Studio, Sieraad Art Fair, Amsterdam, NL

Tier Parade, French consulate, Munich, DE 

2010 

Opening night, La Semencerie, Trans Rhein Art, Strasbourg, FR

Improspection, Syndicat Potentiel, Strasbourg,FR

2009 

Show-Room, La Chaufferie, ESAD, Strasbourg, FR

Performance “Annie fera vitrine”, La Chaufferie, ESAD, Strasbourg, FR 

Workshop Nano, IPCMS, collaboration CNRS/ESAD, Strasbourg, FR 

Exhibition and performance, VICEVERSA Gallery, Lausanne, CH

No Comment Gallery, Geneva, CH

Awards

Finalist at 28th Legnica International Jewellery Competition Silver, 2019 

Finalist at Regional competition Ateliers d’Art de France, 2013 

Finalist at Cominelli Fondazione, Italy, 2013 

Winner, Young Creation, Ateliers d’Art de France, 2012

Finalist at « Grand Prix de la Création de la ville de Paris », 2010, 2012 

Presse

Ausstellungskatalog Gentle Resonance”, Siat Gallery, 2025

Ausstellungskatalog n Bijou de femmes, Jean-Yves Le Mignot, 2025

Katalog Warp, Hear Strasbourg, Jean-François Gavoty, 2022

Les métiers d’art, itinéraire photographiques d’atelier en atelier, Simon Wolf, éditions Franchet, 2020

Aléa Jacta-Est Magazine, article de 3 pages, “de bijou et d’art”, Aurélie Taupin, 2020 

Objets Intérieurs, Mécanismes Extérieurs, Pétrole édition / HEAR, 10/2014

Adventice Hors Série, publication dans le cadre de la résidence Hors Pistes à Banfora 2014

Zut Magazine, La parure de soi, page 42, automne 2013, édition Strasbour

Meet The Artist

In eigenen Worten

Ein in Holz gerahmter QR-Code, der aus  schwarzem Eisen und Silberdraht-Intarsien besteht, aus dem Code kann eine kleine Brosche entnommen werdne.
Deine Werke bewegen sich zwischen Schmuck, Skulptur und Konzeptkunst. Manche, wie FÛT, lassen sich auseinandernehmen und als Schmuck tragen oder als Skulptur inszenieren; CLOUD, ein klickbarer QR-Code mit abnehmbarer Brosche, funktioniert auf mehreren Ebenen. Was macht für dich den Erfolg eines Objekts aus?

Ein gelungenes Objekt vereint für mich Schönheit und Bedeutung. Es muss mich in seiner Größe, der Qualität der Ausführung und im Material überzeugen – und es muss zugleich eine Geschichte erzählen. Genau dieser Aspekt ermöglicht es, andere zu inspirieren oder ihnen meine Perspektive zu vermitteln.

Die französische Goldschmiedin Annie Sibert arbeitet an einen Unikat, einem Kettenanhänger, der aus alten Schlüsselbärten eine Schneeflocke formt.
Von Parfumflakons von René Lalique über Palmblätter bis hin zu Keplers Definition von Schneeflocken: Deine Inspirationsquellen sind vielfältig und manchmal überraschend. Wie entscheidest du, welche letztlich in deine Arbeit einfließen?

Ich entscheide das nicht bewusst – meine Recherchen führen mich einfach. Neulich wollte ich Haare mit Silberdraht darstellen und habe mich dazu mit Symbolik beschäftigt. Am Ende hat sich ein Sinnzusammenhang ergeben: das Material, mit dem ich arbeiten wollte (Silberdraht), und die Form, die ich schaffen wollte (geflochtenes Haar), haben sich miteinander verbunden.

Die Gold- und Silberschmiedin und Schmuckdesignerin Annie Sibert prüft in ihrem Atlier in Straßburg eingehend einen Ring.

Foto: Damien Maurin

Welche Rolle spielt Materialität in deinen Arbeiten – und in der Wirkung, die sie beim Tragen entfalten?

Materialität ist zentral. Wenn sie nicht stark genug vorhanden ist, interessiert mich das Stück nicht. Die Wirkung selbst liegt dann bei der Person, die es trägt. Ich habe meine eigene Erfahrung damit, die Träger:innen ihre ganz eigene – und genau das macht es so persönlich.


Deine Stücke wirken klar und prägnant, gleichzeitig spürt man die technische Komplexität ihrer Entstehung. Siehst du eine Verbindung zwischen handwerklicher Präzision und Ausdruckskraft?

Ich arbeite experimentell, bevor Formen und Motive entstehen. Es sind immer die Werkzeuge und die Aneignung einer Technik, die mich inspirieren – daraus entwickelt sich dann das Objekt, das Schmuckstück.



Ein silberner Fingerring, der aussieht wie ein Haargummi, den man sich um den Finger wickelt - gefertigt von der Straßburger Goldschmiedin Annie Sibert.
Deine Kollektion Je te tiens verwandelt ein Alltagsobjekt – das Haargummi – in ein tragbares Kunstwerk. Was hat dich gerade an diesem Gegenstand gereizt?

Das Haargummi ist direkt mit dem Körper verbunden und erfüllt eine sehr spezifische Funktion – das spiegelt für mich die Idee von Schmuck wider. Sobald ich ihm diese Funktion nehme und das Material durch Metall ersetze, entsteht etwas Neues. Es sieht dem Alltagsobjekt noch immer verblüffend ähnlich, und genau darin liegt eine gewisse Magie.

Annie Sibert, Gold- und Silberschmiedin und Schmuckdesignerin Annie Sibert sitzt mit einem Hammer und einem Ringdesign an einem kleinen Amboss in ihrem Atelier in Straßburg

Foto: Pierre Zimmermann

Noch drei schnelle Fragen

Moodboard oder Skizzenbuch?
→ Skizzenbuch.

Was bedeutet für dich "Qualität"? Und was "Kreativität"?
→ Qualität: Dinge, die bleiben. Kreativität: Dinge, die etwas Neues zeigen.

Dein Lieblingsort?
→ Die Vogesen!